Nach dem Grounding war es ein paar Monate lang ziemlich ruhig bei SAT. Die wirtschaftliche Lage war allgemein schlecht, die Auftragslage dünn, die Simulatoren wenig ausgelastet. Daher war auch die finanzielle Lage nicht gerade rosig, zumal ein großer Teil der vor dem Grounding vorhandenen finanziellen Liquidität nicht mehr vorhanden war.
Auf Empfehlung von Stefan Rumpel klingelte im Sommer 2002 bei mir das Telefon und der damalige SAT- Head of Training fragte an, ob ich nicht Lust hätte, wieder ein wenig Instruktion zu betreiben. Es gehe um Inhalte der MCC-Kurse und die Vermittlung der Standard Operating Procedures an die zukünftigen Piloten von Swiss International sowie um Instruktion im A320 Simulator schlechthin. Meine Lizenz war noch gültig, ich sagte mit Begeisterung zu und wurde zum 1. September 2002 als Instruktor mit Teilzeitvertrag bei SAT angestellt.
Stefan Rumpel, unser „Manager Third Party Work and Contracts“, versuchte inzwischen im Tag- und Nachteinsatz weltweit Aufträge von externen Kunden hereinzuholen, die wir dringend brauchten, um die finanzielle Lage zu stabilisieren. Nun lernte ich kennen, was unter seiner Art, komplexe Aufgaben rasch, unkompliziert und erfolgreich anzugehen, zu verstehen war.
So begann Stefan meistens seine Telefonate.
„Bin gerade ein paar Tage in Österreich“
„Egal, komm her, kannst Du nach Airbus Verfahren instruieren?“
„Ja, gib mir zwei Wochen, muss mich erst ein wenig einlesen“
„Geht nicht, in wenigen Tagen kommen Piloten von Atlasjet zur Umschulung auf A320, Standard Crew, je 1 Captain und 1 Copilot, total mindestens 6 Crews“
„OK, mach ich, wann ist der erste Slot?“
„In einer Woche, Simulator 1, vormittags oder nachmittags?“
„Lieber nachmittags“
„OK, ist gebucht, wir besprechen den Rest morgen in meinem Büro, erfahrene Leute, sind alle 757 und 767 geflogen
„Bis gleich“
„Tschau“…
Kurz darauf eine Anfrage von AUA, ob wir etwa 2 Dutzend Piloten kurzfristig ausbilden könnten, nach den Verfahren von AUA und inklusive Erstellung von Fixbase, MCC- und Simulator Syllabi, nebst Koordination und Planung der Instruktoren. Stefan übertrug mir die Leitung dieses großen Projekts und es setzte eine rege Reisetätigkeit zu zahlreichen Meetings nach Wien ein. Während Stefan sich um die geschäftlichen Belange kümmerte, besprach ich mit dem AUA-Cheffluglehrer Christian Korherr und seinem Stellvertreter Gerhard Pitsch die A320- spezifischen Belange. Plötzlich war es auch ein großer Vorteil, dass wir genügend Kapazität an Simulatoren anbieten konnten. Jedenfalls erhielten wir nicht nur diesen wichtigen Auftrag, es gelang uns vielmehr, sämtliche Hürden zu nehmen und das Projekt erfolgreich abzuschließen.
Inzwischen hatte sich die allgemeine Wirtschaftslage deutlich verbessert, es wurden wieder Piloten angestellt, die aber zuerst ausgebildet werden mussten. Der nächste Auftrag sollte alles vorherige in den Schatten stellen: Die Anfrage aus Essen von TFC Käufer, zukünftige A320-Piloten von Germanwings nach deren Verfahren in unseren Simulatoren bis zur Typenberechtigung auszubilden. Auf nach Düsseldorf, Meeting mit TFC und dem Chefinstruktor von Germanwings. Dieses Mal hatte Stefan einen Auftrag hereingeholt, der TFC zu unserem größten Kunden machte und die A320-Simulatoren Tag und Nacht auslastete.
Auch bei Swiss hatte ein zügiger Flottenaufbau sowohl auf der Kurz- wie auch auf der Langstrecke eingesetzt. Das führte dazu, dass sowohl die Pilotenbestände als auch die verfügbaren Instruktoren äußerst knapp waren. Es lag also nahe, die ehemaligen Swissair – Instruktoren einzusetzen. Mit den Verfahren waren wir ohnehin vertraut und auch an den Syllabi hatte sich nicht viel geändert. Zusammen mit meinem lieben Kollegen Ruedi Schelling, der schon bei allem voran gegangenem mit Begeisterung dabei war, konnten wir nun auch an dieser Stelle mitwirken, was uns übriges immer noch große Befriedigung verschafft.